Unschärfe

Beim Lesen von Texten und Büchern, Hören von Geschichten und Sehen von Dingen empfindet man es oft so, daß einzelne Passagen, ganze Absätze und Geschehnisse nicht richtig verstanden werden. Ja, das Auge wandert oft über die Stellen hinweg und nimmt sie nicht auf.

Von der Theorie ausgehend, daß alles spirituelle Wissen, das der Mensch im Leben braucht schon in ihm vorhanden ist, es aber nicht frei benutzen kann da noch die (Karmischen) Blockaden des Wissens vorhanden sind, zeigt dies ein Problem auf, das normalerweise im Leben nicht beachtet wird.

Etwas näher betrachtet bedeutet dies, wirkliches Erkennen von Vorgängen (Ganzheitliches Verstehen) ist nur möglich, wenn im Inneren der Weg zu dem Wissen frei ist, wenn die Fakten, die man bekommt (lesen, hören, sehen, fühlen, usw.) als das gesehen und verstanden werden können, was sie in ihrer spirituellen und realen Bedeutung wirklich darstellen.

Es gibt eine dieser alten Geschichten, in der ein spiritueller Weiser einem weltlichem Gelehrten zeigen will, daß es Levitation wirklich gibt.
Vor den Augen des Gelehrten erhebt er sich durch Konzentration ca. 1 Meter in die Luft, und spricht weiter mit ihm und versucht den Vorgang zu erklären. Die Augen des Gelehrten bleiben aber auf dem Punkt fixiert, wo noch vor Sekunden das Gesicht des Weisen war, da sein Denken und Weltbild es nicht als Wirklichkeit annehmen will, dringt die Information, daß sein Gegenüber sich in die Luft erhoben hat, nicht in das Bewußtsein.

Wenn du einen Text liest ist ein Teil von dir in der Lage größere Passagen mit ihrem Inhalt augenblicklich zu erfassen, Textteile aber die nicht zu dem Gedanken- oder Weltbild passen, werden überlesen und der Inhalt nicht verstanden aber auch nicht hinterfragt.
Man nimmt es nicht richtig wahr, es ist ein verschwommenes Gedankenbild, das dort entsteht und meistens negiert und unterdrückt wird.
Selbst beim konzentrierten Lesen der einzelnen Worte und dem Versuch den Zusammenhang zu erkennen wird es doch nicht gelingen.
Der selbe Text, aber mit neuem freien entsprechendem Wissen gelesen (Stunden, Tage, Wochen später), ist plötzlich sonnenklar und selbstverständlich.

Was nützt also eingepauktes Wissen, wenn es nicht mit dem Lebensbild, den Erfahrungen und der Weltanschauung vereinbart werden kann ? Erst wenn es auf fruchtbaren Boden fällt, sich integriert und einbettet, für weiterführende Gedanken nutzen bringt, ist es sinnvoll.

Ein Gedanke hierzu…

…Es gab und gibt in meinem Leben etliche Bücher, die ich mehr als nur einmal gelesen habe. Die unterhaltende Geschichte darin war natürlich immer wieder die selbe, aber der Sinn, die Lehren und Aussagen dahinter waren jedesmal etwas völlig Anderes.

Karmische Blockaden zu entfernen, sich Neuem bisher Undenkbarem zu öffnen, bereit zu sein absolut Neues gelten zu lassen und in sich aufzunehmen, ist der Weg zu tieferem Verstehen. Es gilt Bereiche im Gehirn zu aktivieren, die zwar vorhanden, aber bisher unbenutzt schlummerten, denn es ist allgemein bekannt, das wir nur einen relativ geringen Teil des Gehirns nutzen.
Ein volleres und reicheres Leben zu erreichen ist nur über diesen Weg möglich, je weiter man sich „Ganzheitlichem Verstehen“ annähert, desto erfüllter lebt man.

Wie aktiviert man denn solche Bereiche des Wissens?
Hier möchte ich ein Bild benutzen dieses zu erklären. Betrachten wir das menschliche Sehen einmal genauer.

Wenn wir etwas anschauen ist nur der Mittelpunkt unseres Sehfeldes scharf und gut erkennbar, je weiter etwas aus dem Mittelpunkt entfernt ist desto unschärfer bis hin zum Nichterkennen wird es.
Wir nehmen zwar das gesamte Gesichtsfeld wahr, daß etwas vorhanden ist, aber es wird durch die relative Unschärfe nicht in seinem Wesen/Sinn erkannt. Ignorieren wir nun die unscharfen Regionen und interessieren uns nicht dafür, so ist es im Nachhinein für unser Bewußtsein „nur am Rande“ vorhanden gewesen, bis hin zum Vergessen der Existenz.

Lernen wir nun Stück für Stück uns die Bereiche zu erarbeiten, die neben dem gewohnten Fokus existieren, sie in den Mittelpunkt zu ziehen, so das sie die Unschärfe verlieren, sie in unser Bewußtsein einzubringen und zu erkennen versuchen.

Sichtweisen anderer Menschen anzunehmen und zu versuchen sie anzuerkennen, nicht zum Mittelpunkt zu machen, aber doch langsam zu begreifen und wenigstens offen gegenüber diesen Randbereichen unseres bisherigen Denkens und Sehens zu sein.

Karmische Blockaden des eigenen Seins abzubauen um den Weg zum Wissen freizusetzen und zum Verstehen.
Das Freisetzen der eigenen Fähigkeiten des Wissens und Verstehens beginnt mit einfachen kleinen Schritten. Ich behaupte nicht, daß es insgesamt leicht ist, nur das es eine Anzahl relativ einfacher Dinge sind.

Wie oft nehmen wir uns vor etwas zu tun, – eine Gewohnheit zu ändern, – ein Vorhaben zu beginnen .etwas für uns zu erledigen….und verschieben es doch wieder auf Morgen und weiter und weiter und wieder auf Morgen, bis es in Vergessenheit gerät.

Unsere Einsicht die Änderung zu wollen fußte ja auf gründlichen Überlegungen und Gefühlen, guten Gründen und der Einsicht, daß die Änderung doch zu etwas Besserem führen würde. Mit anderen Worten; die Ausführung des Geplanten hätte aus uns einen etwas besseren Menschen gemacht, wir hätten Neues erfahren, unseren Erfahrungshorizont erweitert und unscharfes im Leben plötzlich anders betrachtet, ja plötzlich erkannt/verstanden.

Es ist ein Weg der kleinen Schritte, aber auch ein Weg der eine Eigendynamik entwickelt, dann Fahrt aufnimmt und Schwung in das Leben bringt.
Die gesteigerte Wissensqualität und Denktiefe, die damit erreicht wird, wird alles bisher Erfahrene übertreffen. Es ist nur vergleichbar mit der Entwicklung als Kind, wo Wissen einfach so im Vorübergehen aufgenommen, freigesetzt und integriert wurde.

Ein doch wirklich lohnenswertes Ziel…